Wasser zum Bier

Mehr als nur eins probiert

24. Oktober 2023
Von: André Uhlig ⁄ Wassersommelier

Wasser ist wesentlich fürs Bierbrauen. Klar. Wer, jedoch, hätte gedacht, dass es Sinn machen würde, vor und zu dem Biergenuss ein Mineralwasser zu trinken? Für das Brauseminar „Maß halten“ wird ein Wasser gesucht, welches am Besten zum Pils, dem „Prior Bräu“, passt. Anschließend soll der Wasserfavorit bei einer Bierverkostung zum Einsatz kommen.

Neben dem, wie man maßvoll Biere verkostet, geht es beim Brauseminar ums Bierbrauen für den Eigenbedarf. „Es gibt keinen Grund, es nicht zu tun.“, lacht Referent Konstantin Mascher. Seit über 20 Jahren braut er leidenschaftlich Hopfen und Malz für den Hausgebrauch. An zwei Wochenenden erfahre ich, was der Soziologe und Buchautor über Bier und Mensch herausgefunden hat.

Beim Trinken von Bier geht es nicht nur um dessen Geschmack. Welche Wirkung hat es auf mein Empfinden? Aktiviert mich ein Bier oder macht es mich ruhiger? So oder ähnlich kann ein Schluck Bier wirksam werden. Egal was wir trinken, die Wirkung eines Getränkes wird oft im Verlauf der Verstoffwechslung nach dem ersten Geschmackseindruck empfunden.

„Aktiviert mich ein Bier oder macht es mich ruhiger?“

Der Alkoholgehalt wird nicht allein für das Wirksamwerden eines Bieres verantwortlich gemacht. Ein Bier wird durch eine Vielzahl an Faktoren geprägt. Die Auswahl und Kombination der Zutaten, das Mengenverhältnis, sowie die Steuerung der Abläufe beim Brauen beeinflussen letztendlich in Summe Geschmack und Wirkung eines Bieres.

Jeder, der an einer Verkostung teilnimmt, bringt unterschiedliche Vorerfahrungen und Assoziationen mit. Ganz verschieden wurden Gaumen und Geruchssinn geprägt, das Interesse an Sensorik gefördert. Wer lernen will, wie ein Bier in seiner Vielfalt empfunden und beschrieben wird, der greife zum Bier-Aroma-Rad. Kommen trotzdem nicht gleich die passenden Worte über die Lippen - nicht gleich aufgeben.

„Weshalb fällt es schwer, sensorische Momente zu beschreiben?“

Weshalb fehlen uns die passenden Worte für das, was wir mit Nase und Mund wahrnehmen? Im Radio Podcast beschreibt der Neurowissenschaftler Prof. Johannes Frasnelli, dass die Gehirnzentren, welche für die Riech- oder Schmeckreize zuständig sind, keine direkte Verbindung haben zu dem, welche für die Sprachbildung verantwortlich sind. Weil diese so schlecht miteinander verknüpft sind, finden wir es schwierig, unsere Geschmackserlebnisse zu beschreiben.

Genussmomente achtsam zu beobachten wirkt etwas realitätsfremd. Im Besonderen, wenn ich als Sommelier vom Wasser und seiner sensorischen Unterscheidung spreche. Mancher vermutet zunächst, dass ich spinne. In der Tat beschreibt diese Annahme verkürzt, was während einer Verkostung im Gehirn passiert.

„Verkostungen regen das Gehirn an, neue Verknüpfungen im neuronalen Netz zu spinnen.“

André Uhlig / Wassersommelier

Indem wir ungewohnte sensorische Verbindungen erfahren, werden neue Verknüpfungen im neuronalen Netz gesponnen. Frische Informationen integrieren sich in vorhandenen Kontexten. Wir lernen aufmerksames und umfängliches Wahrnehmen. Damit erhält nicht nur unser Geschmackssinn ein Update, sondern unsere Regulationskompetenz wird sogleich mit gefördert.

Auswahl getesteter Mineralwässer

Was mit Bier und Mineralwasser klappt, funktioniert auch mit Wein, Whisky oder Kaffee. Mittels verschiedener Mineralwässer lernt man das korrespondierende Getränk umfänglicher kennen. Nützlicher Nebeneffekt: Das Interesse an Wasser nimmt zu und die Wertschätzung gegenüber dem kostbaren Gut wächst.

„Mineralwasser hilft, das Schmecken differenzierter wahrzunehmen.“

André Uhlig / Wassersommelier

Bewusst genießen
Langsam füllt sich das Glas, sichtbar werden Schaum und Farbe. Beim Schwenken steigt ein hopfenaromatischer Duft über den Rand. Mancher schließt die Augen, ein anderer schaut versunken. Erster Schluck, jeder achtet auf sich, kostet den Moment aus. Wonach schmeckt es, wie fühlt es sich an?

Womit der Gaumenreset gelang

Nach der Verkostung mit Konstantin Mascher ahne ich, weshalb er sein Lieblingsbier „Prior Bräu“ nennt. Aus dem Lateinischen abgeleitet, könnte es „das Vortreffliche“ heißen. Für mich waren es besondere Geschmacksmomente, sein Selbstgebrautes so facettenreich wahrzunehmen. Eine ungewohnt schöne Entdeckung, wie ich finde!

Das Hopfenkochen

Beim Brauen entdeckt
„Welche Zutaten braucht es für ein schmackhaftes Bier?“, fragt sich Konstantin Mascher indem er das Bierbrauen für sich entdeckt. Im Lauf der Jahre entstehen etliche Biere, während er auf weitere Fragen stößt. Nur dieses Mal sind sie persönlicher Natur: „Welche Zutaten habe ich bisher in meinem Leben verwendet und wonach schmeckt es?“

„Wesentliche Reifeschritte passieren dort, wo wir es mit uns aushalten, ohne abgelenkt zu sein. Reifen beginnt mit begreifen.“

Konstantin Mascher
Soziologe und Buchautor

Gerne nehme ich noch einen Schluck von unserem Seminargebrauten. Während ich das Pilsner genieße, blättere ich im Buch: MASS HALTEN“ (Fontis Verlag Basel 2021). All das, was im Brauseminar vermittelt wurde, ist hier noch mal auf den Punkt gebracht. Nicht nur für Männer geeignet, sondern für alle mit Durst nach mehr.

Fern ab vom Alltag, die Seminarhäuser des BRUNNEN e.V.

Nachweise
Hopfenkochen, Friedemann Scholze
Unsplash: Gerstenfeld, Elisa/ Hofen, Missy Fant/ Bier, Timothy Dykes

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